1001SOUL zwischen Strand und Kunst: Miami, Florida

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Miami. Das erste Farbenwunder, das uns begrüßt, ist männlich, schaut stolz von einer Mauer herab, plustert sich auf und zeigt, was er hat. Federn in den schönsten Farben, von Ozeanblau zu Smaragdgrün zu Goldbraungelb. Ein Pfau. Sieht man als Mensch aus dem „mittleren Westen“ ja eher selten außerhalb von Tierparks. In dem Viertel aber, in dem wir die nächsten Tage wohnen, zeigen sich die prächtigen Vögel stets im Dutzend. Peacocks im Garten, Peacocks auf dem Gehweg, Peacocks auf der Straße.

Miami verbindet man stereotyp mit den Bonbonfarben des Himmels und der Architektur, softe Töne, babyblau, pink, apricot. Die zuweilen schwüle Hitze passt nur bedingt hinzu, doch zaubert das Flirren der Luft auch malerische Schlieren in die Farben. Miami liegt im Sonnenschein-Staat (Sunshine State) Florida, an der Südostküste der USA. Nach Kuba ist es nur eine Stunde. Sonne sättigt das ganze Jahr. 

Miami-Klischee. Aber schön 🙂

Miami ist viel. Miami ist Beach, es ist riesig, mondän, sozial divers, dekadent, verbaut, bekannt für seinen Rauschgifthandel in früheren Jahren, künstlerisch und ein bisschen Prenzlauer Berg, Austragungsort der weltbekannten Kunstmesse Art Basel Miami, ist Miami ViceOcean Driveund Wynwood. Es ist wärmer als in L.A., und als in Chicago sowieso. Wir gewöhnen uns schnell an die starken Sonnenstrahlen und stehen früh auf, um so viel wie möglich vom Tag zu haben. 

Schreiben und Malen. Arbeiten geht auch unter Palmen 🙂 Foto: Reza Nassrollahi

Wo schlagen wir unsere Leinwand auf? Welchen Ort von diesen vielen in Bonbon oder Schatten wählen wir diesmal aus für 1001SOUL?

Wie gewohnt, stromern wir erst einmal durch die Gegend, erkunden die Viertel, folgen den Empfehlungen der Einheimischen. Wo seid ihr gern? Welche Stätten in dieser Stadt sind besondere für Euch? Wo atmet Ihr gerne die Luft der Stadt, welche Ecken meidet Ihr

Der Ocean Drive, legendärer Hotspot der 1980er und 1990er Jahre nahe Miami Beach, wirkt ein bisschen heruntergekommen; die Fassaden der schönen Art Deco-Hotels und -Restaurants scheinen ein bisschen greller beleuchtet als zu jener Zeit. Ein Freund bringt uns in den Genuss eines Freiluftkonzerts zur einer „Buena Vista Social ClubTribute Night“ mit der Combo “Cortadito”. Im Lummus Park, auf einer Wiese unter Palmen hocken Menschen aller Altersstufen, tanzen auf der kleinen Tanzfläche oder direkt im Gras. Schwingen die Hüften in Salsa Cubana- und L.A. Style. Kleine Ess- und Getränke-Buden umringen diese schöne Fläche. Alle wirken entspannt und glücklich. Weltklasse Atmosphäre und die Frage, warum es so viel Leid und Kriege geben muss, wenn doch ein Abend wie dieser zeigt, wie friedlich unser Zusammensein sein kann. Die Menschen verbunden durch Musik, Tanz, geteilte Leidenschaften und Menschlichkeit. Dancing Souls – 1001 von ihnen und noch mehr. Wir schöpfen Hoffnung. 

In den nächsten Tagen erkunden wir weiter. Design District, Suburbs und Wynwood. Letzt genannter Stadtteil steht ganz im Zeichen der Street Art und der Kunst. Unzählige Galerien säumen die Avenues, Mode- und Deko-Läden, Krimskrams in schrillsten Farben, alles schreit hier nach künstlerischer Vielfalt und Freiheit – und auch nach Vermarktung von Kreativität. Ab dem Nachmittag verwandelt sich die Hauptstraße mit ihren Gehsteigen in eine Bühne. Skater und Motorbikes flitzen vorbei, Crossmaschinen heben ab, Lowriders, mit Hydraulik gepumptgepimpte Limousinen, liften sich links und rechts, vorne und hinten, „tanzen“ im Schneckentempo zu untertourigen Bässen. Ein Motor-Rikscha-Fahrer fährt seine Riesenschlange spazieren. Kaum ein Passant oder eine Passantin, die nicht auffällig gekleidet den Walkway auf und ab schreitet. Wenn man Wynwood-Kino will, muss man nur stehen bleiben und staunen. Augenschmaus garantiert. Wir entscheiden, in dieser Nachbarschaft die in den USA gefertigte Leinwand auszurollen, zwischen den Mauern der Wynwood Walls. Street Art Künstler aus aller Welt bespielen in diesem geräumigen Areal die Mauern. Wir breiten nach Erlaubnis eines Mitarbeiters unsere Kunst auf dem Boden aus. 

1001SOUL in den Höfen der Wynwood Walls. Foto: Reza Nassrollahi

Zum Malen des Miami-Soul Paintings wählen wir einen Ort des Kontrasts: den Botanischen Garten. Er liegt direkt gegenüber dem Miami Convention Center, in dem auch die Art Basel Miami ausgetragen wird. In übersichtlicher Größe, ist dieser saftig grüne Garten mit seinen subtropischen Bäumen, Pflanzen, Tieren, Teichen und kleinen Brücken eine Oase. Besucher flanieren in würziger Luft, in einem kleinen Café sitzen Frauen in Yogakleidung. Von Grün umringt im Gras zu malen, – wie wunderbar! Wäre da nicht der unerwartete Regen… Die Wetter-App sagt ihn für die kommenden Stunden voraus. Und nun? Wir warten ein bisschen ab und entscheiden uns dann, unter einem Vordach die Leinwand auszurollen. Hier kommt kaum Regen durch, und die kleine Terrasse wird schnell zu einem Zufluchtsort der Besucher, die den starken Regen scheuen, um den Park zu verlassen. Wir treffen auf eine Familie aus Boston, ursprünglich aus Bosnien-Herzegowina, mit ihren beiden Töchtern im Vorschulalter. Reza rollt die Leinwand aus und richtet die Farben her. Und die Mädchen machen mit. Eine kleine Meditation stimmt die drei Künstler ein und dann geht’s los.

Die Kinder malen mit Händen und besonders mit den Füßen, in den schönsten Farben, die Miami zu bieten hat. Ohne Vorbehalte folgen sie ihren Neigungen und kreieren schönste Ornamente. Weil sie es wollen, werden sie ganz organisch Teil des Bildes und unseres Projektes, das in seiner Philosophie allen und für alle offen steht. Was ist Kunst? Wer ist ein Künstler? Wer sagt, was relevant ist?

Nebenan rauscht der Regen, aber alle sind im Sog des Soul Paintings. Die gestrandeten Parkbesucher sitzen um die unerwartete Malaktion; Nic erläutert unser Projekt und das Vorhaben von 1001SOUL. Eine Frau weint vor Rührung, sie sieht, was wir tun, was 1001SOUL beabsichtigt. „Diese Szene, hier, mit den Kindern, Malen, die Farben, die Menschen – das ist mit Abstand das Perfekteste, was ich seit Langem erleben durfte“, weint sie, und umarmt mich. Wie schön ist das. Auf der zurück liegenden USA-Reise einer der bewegendsten Momente, weil klar ist, dass das hier richtig ist, und dass es weiter geht, gehen muss. Ein Schlüsselmoment von und für 1001SOUL. 

Das Bild ist zu dritt rasch gemalt. Ein Angestellter des Botanischen Gartens zeigt sich plötzlich und will die Aktion verbieten. Er gibt sich als Manager im Sonntagsdienst aus und weist auf das Regelwerk hin; dass wir eine Genehmigung brauchen, dass wir gehen sollen. Wo sich das Gefühl von Verbundenheit und Freiheit einstellt, kommt auch ein Ordnungshüter um die Ecke. Kennen wir ja schon aus Los Angeles. Die Regenwolken sind verzogen. So packen wir nach einer kurzen Weile unsere Utensilien, dankbar und froh. Und nutzen die Nachbarschaft des Art Basel Miami Geländes, um unsere Leinwand komplett auszubreiten. Panorama-View. Trocknen muss die Farbe ja ohnehin noch. Warum also nicht gleich vor den Pforten der Kathedrale des Welt-Kunstmarkts! 

Reza rollt das Miami Soul Painting auf. Vor dem Convention Center der Art Basel Miami. Foto: Nic Leonhardt

So eröffnet 1001SOUL de facto die Art Basel Miami 2019. – Bunt verbunden mit der Welt – über Kunst.

Miami ist viel. Und jetzt auch Teil von 1001SOUL. 

Fürs Erste ist die Nordamerika damit beendet.

DANKE: Für ihre Unterstützung, Hilfe, Beratung und guten Gespräche in Miami möchten wir uns besonders bei den folgenden Personen und Freunden bedanken: Kamran, Ray, Fary, Mehdi, Zari, den Kindern im Botanischen Garten, die mitgemalt haben, sowie allen interessierten Besuchern unserer Events. Ihr seid ein Teil von 1001SOUL geworden, wie schön das ist!

Nächster Halt: zurück nach Winterdeutschland, Backstage Work für unser Projekt und Vorbereitung der kommenden Monate. Wo wir dann sein werden?

Ihr erfahrt es als Erste hier.

In der Zwischenzeit: folgt uns, liked uns, empfehlt uns, bleibt am Ball.

Vor allem aber: seid gut zu Euch!

2 Replies to “1001SOUL zwischen Strand und Kunst: Miami, Florida”

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