1001SOUL in der Stadt der Sterne, L.A.

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Los Angeles. Stadt der Engel. Stadt der Sterne. Stadt der Hollywood Hills. Einmal quer durchs Land flogen wir Anfang November aus dem windigen Chicago über Denver, Colorado, hinüber nach Kalifornien. Allein schon der Wortklang unterscheidet das sonnigflippige Kalifornien vom korrekten, leicht schattigen llinois, Los Angeles von Chicago; spätestens seit La La Land ist L.A. eine gelbe Stadt, gelbgolden – die Patina jedoch leicht ranzig, wenn man links und rechts guckt. ‘City of Stars – are you shining just for me?’ 

L.A. ist ein Schmelztiegel der Kulturen wie New York und belegt den zweiten Platz unter den größten Städten der Vereinigten Staaten. Wenn man hier aus dem Flugzeug steigt, braucht die Nase nicht lange, um sicher zu sein, dass hier legal ist, was andernorts noch immer verboten: nicht der Duft von Bagels oder Burgers, die Brise von Marihuana ist hier allgegenwärtig. Grasgeruch.

Gibt es außer New York eine weitere amerikanische Stadt, die so sehr mit Klischees behaftet ist wie L.A.? Wo lassen wir unseren 1001SOUL-Fußabdruck, wo tauchen wir ein? Nach einigen Recherchen in Beverly Hills, dem Rodeo Drive, in den Suburbs, Westwood, dem monumentalen Getty Center machen wir schließlich drei Stationen als geeignete aus für 1001SOUL: den legendären Venice Beach, das Griffith Observatory und Malibu Beach. Jeder Ort ein Farbenspektakel für sich, fast könnte man sagen, so viel sinnliche Wucht sei überhaupt nur mit Gras auszuhalten – hätten nicht die Energie- und Farbenspektren hier schon für sich genommen eine betörende Wirkung.

Soul Painting am bunt, bunter Venice Beach. Und die Sonne zaubert Lichteffekte wie auf Drogen…

* Für Venice Beach entscheiden wir uns an einem sonnigen, belebten Sonntag. Venice ist ein Ortsteil von L.A., der dazu gehörige Strand ist ein breit und lang ausgerollter Sandteppich am kühlen Pazifischen Ozean. Leichte Gezeiten gibt es hier, Surfer versuchen sich an den Wellen, leben und leben lassen scheinen hier auf eine wohltuende Weise noch mehr Motto als anderswo.

Venice, also Venedig, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts, um 1905, von einem amerikanischen Zigarettenfabrikanten, Abbot Kinney (1850-1920), gegründet. Wie das Venedig am Lido sollte es ein Badeort mit Kanälen und italienisch anmutenden Gebäuden sein. Viele Schauspieler und Unterhaltungskünstler zog es schon in den ersten Jahren hierher. Es gab eine Rollschuhbahn, einen Tanzsaal, Theater, ein Aquarium, Teesalons, Bars, Hotels, Restaurants. Bunt schon damals, innovativ und international. Mit den Jahren zerfielen Gebäude und blätterte die Fassade des illustren Ausflugsziels; und wie das so ist: mit dem Zerfall fallen die Mieten, kommen die Künstler und unabhängigen Freigeister und werten den Ort wieder auf. Besonders in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg begann Venice zum Zentrum der Alternativkultur und „kalifornischen Bohème“ zu werden. 

1001SOUL  – Soul Painting auf dem Boardwalk, Zirkus von Venice Beach, L.A., Kalifornien
1001SOUL – Soul Painting auf dem Boardwalk, Zirkus von Venice Beach, L.A., Kalifornien. Foto: Reza Nassrollahi

Berühmt ist Venice Beach vor allem für den Boardwalk. Der 4 km lange Promenadenweg ist Kirmes, die Straße ist wie ein Zirkus; gesäumt von Buden mit Ramsch, Gras, Souvenirs, Cafés, Restaurants, Muckibuden. Straßenkünstler und bunt gekleidete Locals tanzen die Gasse entlang, fahren Rollerskates, Skateboard oder ihren Hund auf dem Fahrrad spazieren. Die meisten der auffälligsten Personen hier gehören zum typischen Bild des Streifens, sind regelrechte Urgesteine, wie etwa der begnadete Pianist Nathan Pino, der seit  mehr als einem Jahrzehnt täglich hier spielt, schönste Klänge, aus dem stets über die Tasten gesenkten Kopf. – Reggae, Rock, Rhythms überall, dazu die Styles und Schritte, Düfte von Gras und Seeluft, Fritten und Zimtschnecken, Möwen kreischen ins Rauschen hinein. Was uns auffällt: die bunte Vielfalt birgt auch Düsteres, hier ist der Lack ab, dort scheinen Häuser und Ruf, die Menschen verbraucht. Das Leben ist bunt, aber nicht für alle ein Zuckerschlecken, wenn man genau hinschaut. Yet the Show must go on, und so wirkt unter der Oberfläche manches bemüht auf Fun getuned. Neues Spiel, neues Glück. So zieht der Circle of Life seine Kreise.

Soul Painting mit Sonnenuntergangsszenario am Venice Beach, L.A., Kalifornien.

Reza malt auf einem höher gelegenen Grünstreifen, von dem aus er Blick auf Wasser, Strand und Zirkus hat. Sein Live-Painting fügt sich nahtlos in das Gewusel ein. Geschichte und Geschehen von Venice Beach scheinen wie ins Bild gesogen. Die Sonne verabschiedet sich früh um 17 Uhr. So legen wir das Gemälde zum Trocknen auf der Promenade aus , frieren, warten, staunen und kommen ins Gespräch mit den Passanten, die vor der langen Leinwand – die sämtliche in USA gemalten Einzelbilder zeigt – stehen bleiben, vom Skateboard springen, ihre Pirouetten drehen. Als wir Stunden später in unser Domizil in einer dicht von Asiaten bewohnten Gegend in Gardena zurück kehren, ist die Farbe noch immer feucht. So hängen wir ‘Venice Beach’ übers Geländer zum Reifen in die kühle Nacht. 1001SOUL – Kunst am Bau. Auch ein schöner Titel fürs Projekt. 😉 

Griffith Observatory, Los Angeles. Vogelschau vor Sonnenuntergang. Magisches Licht. Foto: Nic Leonhardt

* Da wir in Chicago am Planetarium gemalt hatten, rückten wir ein paar Tage später in der Stadt der Sterne dem Gestirn noch ein wenig näher und rollten auf dem 300 Meter über dem Meeresspiegel gelegenen Griffith Observatorium, mit rund 1,5 Millionen Besuchern jährlich das meistbesuchte Observatorium der Welt, unsere weiße Leinwand auf. Eröffnet 1935 mit Mitteln aus dem Nachlass des Industriellen und Philanthropen Griffith J. Griffith, befindet sich das nach ihm benannte Observatorium am Südhang des Mount Hollywood im Griffith Park, direkt über dem Stadtteil Los Feliz und erlaubt einen wunderbaren Blick über die Stadt sowie auf das Hollywood Sign.

Wo die Sterne leuchten, wird es früher dunkel. Reza beim Soul Painting auf der Plattform des Griffith Observatory, Los Angeles. Foto: Nic Leonhardt

Es ist schon 17 Uhr, also kurz vor Sonnenuntergang, als wir hier unsere Leinwand auf dem Boden ausbreiten. Für die Film- und Foto-Aufnahmen eine Herausforderung, hinsichtlich der Magie und Stimmung aber kaum zu toppen. Hier erleben wir auch das erste Mal auf unserer US-Reise das Hin- und Hergerissensein der Aufsichtspersonen. Sie schwanken zwischen Begeisterung für das 1001SOUL-Projekt und sind angezogen von der Leinwand. Auf  der einen Seite. Auf der anderen Seite haben sie qua Amt die Uniform an und scheinen nicht ganz sicher, ob wir nun durchs Malen die Besucher und die „Safety“ stören oder nicht. Ein (interessierter) Aufseher nach dem/ der anderen besucht unsere Leinwand und konsultiert unsere Flyer. Fünf Uniformen sind es am Ende… Ein völkerverständigendes künstlerisches Friedensprojekt im Zwist mit der Security? Wohl kaum. Um aber niemanden in die Bredouille zu bringen, verständigen wir uns auf eine verkürzte Malaktion hoch oben auf dem Berg. – Und verbringen noch lange Zeit unter dem kühlen Sternenhimmel, damit die Farbe trocknen kann.

Nic mit Rezas Soul Painting vor dem Griffith Observatory, L.A. Foto: Reza Nassrollahi

Belohnt wird unser Ausharren durch einen „Besuch“ einer Gruppe von fünf Kojoten. Gerade 10 Meter von unserem Auto entfernt suchen sie in den Gräsern Nahrung. Nie haben wir diese schönen Raubtiere so nah gesehen. Sie wollten sich zeigen, in friedlicher Absicht. Was für ein netter Brückenschlag zwischen Himmel und Erde. Und dann noch Vollmond. …

Und wieder trocknet die Leinwand über Nacht über dem Geländer unserer chinesischen Nachbarn in Gardena. 

* Station drei für 1001SOUL in Kalifornien war schließlich Malibu Beach. Ein Strand wie hingezaubert, unterhalb der Küstenstraße, gesäumt von alten, halb verfallenen Bungalows neben exklusiven Hotels und Restaurants. Wir schlagen unsere 1001SOUL-Werkstatt in der Nähe des Malibu Piers auf. Wunderschön ragen dort die Pfähle aus dem Wasser und geben am Kopf des Piers einen hell lackierten Holzbau frei, in dem sich Restaurants und kleine Boutiquen befinden. Erneut verbringen wir einen Sonntag am Meer, warm ist’s, sonnig und somit ein Garant für viele Gleichgesinnte am Strand. Die Leinwand-Etappe unserer bisherigen US-Tour legen wir auf den feinen Sand wie ein überdimensioniertes Handtuch. Noch ist eine Fläche weiß.

Soul Painting im Sand. Malibu Beach, Kalifornien. Foto: Nic Leonhardt

Vor dem Meer, unter dem Kreischen der Möwen und den relaxten Vibes der chillenden Sonntagsgäste und Strandspazierer ist das Soul Painting diesmal nochmal einem Menschen gewidmet.  Debbie, die sich gerne malen lassen wollte. Rührend ist, dass Apple, ihr Hund, sie nicht gerne alleine auf der Leinwand liegen sieht und kurzerhand mit aufs Bild, mit ins Bild kommt. Ein angeschwemmtes Stück Holz dient uns hervorragend als Hinweisschild auf @1001SOUL . Wer die Welt bereist, arbeitet mit den Bedingungen vor Ort. In die Farbe mischt sich Sand, in die Leinwand die Spuren der See und ihrer Bewohner, die Sonne der Küste und Debbies Energie. Heimfahrt ins Domizil. Und wieder einmal ‚Kunst am Bau’ im asiatischen Kiez, Trocknen des Gemäldes in der Nacht. Die Sterne passen auf.

Und dann? Tschüss, California Dreaming, tschüss, La-La-Land!

Beschützt gut weiter diese Stadt und ihre Sterne, Farben und Kojoten, Ihr Engel! Los Angeles braucht Euch mehr denn je im Plural.

DANKE: Für ihre Unterstützung, Hilfe, Beratung und guten Gespräche in Los Angeles möchten wir uns besonders bei den folgenden Personen und Freunden bedanken: Ashkan, Debbie, Pejman, Roxy, Zari, den Mitarbeitern des Getty Centers, des Griffith Observatory sowie allen Besucher unserer Veranstaltungen. Ihr seid ein Teil von 1001SOUL geworden, wie schön das ist!

Nächster Halt: Miami, Florida, vorerst letzte Station in Amerika.

Was uns wohl dort wieder begegnet? Wer und warum?

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Vor allem aber: seid gut zu Euch!

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